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Druckluft- statt Pumpspeicher
Seit 2009 untersuchen Wissenschaftler im ADELE-Verbundprojekt adiabate
Druckluftspeicher mit Fokus auf Turbomaschine, Wärmespeicher und
Kaverne. Im Anschlussvorhaben ADELE-ING vergleichen Forscher nun
Verfahrensvarianten miteinander. Zusätzlich werden neue teiladiabate
Prozessvarianten und herunterskalierte Anlagenkonfigurationen
entwickelt, die einen früheren Markteintritt ermöglichen
Projektstatus | Letzte Phase |
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Typische Anlagengröße - Energie | 10-1.000 MWh |
Typische Anlagengröße - Leistung | 10-260 MW |
Wirkungsgrad AC/AC | Circa 70 |
Speicherverlust [1/d] | < 3 % |
Zyklenfestigkeit (80 Prozent Entladetiefe) | 100 % |
Brauchbarkeitsdauer der Anlage (1 Zyklus/Tag) | 40 a |
Typische Entladezeit | 4 Stunden |
Ansprechzeit bei der Breitstellung der Energie | < 15 Minuten |
Anwendungsfelder – Beispiele | Ausgleich von Tagesschwankungen, täglicher Ein- und Ausspeichervorgang, Wholesalemarkt, Regelenergie- und Kapazitätsmärkte, Verteilnetzanwendungen, Industrieanwendungen |
Speichereffekt – Temperaturänderung | Unterirdische Kaverne, Sensibler Speicher, Druckänderungen |
Speichermedium | Natursteine und Keramiken |
Speicherkonstruktion | Vorgespannter Betonbehälter |
Projektlaufzeit | Januar 2013 bis Juni 2017 |
Pumpspeicher stellen weltweit die fast ausschließlich zum Einsatz kommende Technik zur Speicherung großer elektrischer Energiemengen dar. Allerdings lassen sie sich aus verschiedenen Gründen nicht überall errichten.
Adiabate Druckluftspeicher können hier eine Alternative darstellen. Sie besitzen ein besonders hohes Potenzial, zukünftig notwendige Speicherkapazitäten für elektrische Energie im großtechnischen Maßstab von mehreren hundert MW/MWh bis zu einigen GW/GWh pro Standort und Anlage zu Kosten bereitzustellen, die in der Größenordnung derer von herkömmlichen Pumpspeichern liegen. Das seit 2009 laufende, mit Mitteln des Bundes geförderte FuE-Verbundvorhaben
„Adiabate Druckluftspeicher für die Elektrizitätsversorgung“ (ADELE) widmet sich der grundlegenden Entwicklung der hierfür notwendigen, aber noch nicht verfügbaren Komponenten sowie der grundlegenden Auslegung des Gesamtverfahrens.
Ganzheitlicher Ansatz
Im vorlaufenden ADELE-Vorhaben untersuchen Wissenschaftler seit Ende 2009 die Machbarkeit der „Adiabaten Druckluftspeicher-Technologie“, allerdings noch mit Fokus auf die Kernkomponenten Turbomaschinen, Wärmespeicher und Kaverne. Das im Rahmen der Energiespeicherinitiative geförderte Projekt ADELE-ING baut auf diesen Ergebnissen auf. ADELE-ING verfolgt in einem ganzheitlichen Ansatz zunächst die Identifikation bzw. Bestätigung des endgültigen ADELE-ING-Designs zur adiabaten Druckluftspeichertechnologie. Dies wird durch einen technisch-wirtschaftlichen Vergleich des ADELE-ING-Konzeptes mit alternativen Anlagenkonfigurationen erreicht. Diese Arbeiten sind inzwischen weit fortgeschritten: Es wurde die technische Machbarkeit von Wirkungsgraden von etwa 70 Prozent bestätigt und die Absenkung der Investitionskosten auf das Niveau von Pumpwasserkraftwerken erreicht. Trotz der erreichten Erfolge stellt sich der wirtschaftliche Betrieb von Stromspeichern immer noch schwierig dar. Um die Chancen für den Markteintritt der Technologie weiter zu verbessern, werden zur Absenkung der Investitionshürden teiladiabate Anlagenkonfigurationen und herunterskalierte Anlagenlösungen für Verteilnetzanwendungen entwickelt.
Parallel wird die Netz- und Marktintegration der ADELE-Technologie für das zukünftige deutsche Stromversorgungssystem untersucht. Dabei werden auch Zielgrößen zur Technologieentwicklung erarbeitet.
Komponenten und Gesamtanlage weiterentwickeln
Adiabate Druckluftspeicher nutzen die bei der Kompression der Luft entstehende Wärme – im Gegensatz zu den konventionellen, sogenannten diabaten, Druckluftspeichern. Deshalb können sie während des Turbinenbetriebs die Zufeuerung von Erdgas, und die damit verbundene CO2-Emissionen, vermeiden und den Wirkungsgrad auf 70 Prozent steigern. Allerdings erfordert dieses Konzept neue, bisher nicht verfügbare Komponenten. Zum einen müssen neue Hochtemperaturverdichter und -expander entwickelt werden. Zum anderen müssen große Wärmemengen auf hohem Temperaturniveau ein- und ausgespeichert werden. Die Entwicklung dieser Komponenten, des Gesamtanlagenkonzeptes einschließlich aller Neben- und Hilfsaggregate, sind ebenso Inhalt dieses Projektes wie die Erarbeitung von Betriebsführungskonzepten, Untersuchung zur der Dynamik und des Teillast-/ Lastwechselverhaltens sowie die Erarbeitung eines Genehmigungsverfahrens für diese bisher nicht realisierte Technologie.
Wirtschaftlichkeit und Dauerhaftigkeit
Großspeichertechnologien stellen eine Dienstleistung für das Stromversorgungssystem bereit. Sie müssen sich wirtschaftlich dadurch tragen, dass die Bereitstellung von Elektrizität bei der Entladung des Speichers mehr Einnahmen generiert, als Kosten für Strom zur Befüllung des Speichers anfallen. Darüber hinaus müssen durch den Betrieb die Kapitalkosten für die Investition sowie weitere variable Kosten erwirtschaftet werden. An den klassischen Märkten, wie Wholesale-Markt und Regelenergiemärkte, ist es jedoch entgegen vieler Prognosen gerade durch den Ausbau der Erneuerbaren Energien sowohl zu einem Preisverfall gekommen, als auch zu einem Sinken der sog. Spreizung zwischen hohen Strompreisen bei hoher Nachfrage (Peak) und niedrigen Strompreisen bei niedriger Nachfrage (Off-Peak). Gerade diese Peak-Off-Peak-Spreizung ist es jedoch, mit der Speicher ihre notwendigen Einnahmen generieren.
Markt der Zukunft
Neben den technischen Entwicklungsrisiken besteht die Herausforderung darin, zum gegenwärtigen Zeitpunkt eine Technologie zu entwickeln, die in der Lage ist, die Anforderungen eines zukünftigen Strommarktes zu bedienen und sich gegenüber anderen Stromspeichertechnologien zu behaupten. Die zukünftigen vom Regulator vorgegebenen Rahmenbedingungen sind naturgemäß schwer bis nicht prognostizierbar. Lohnt es sich zum Beispiel kostenintensive Techniken anzuwenden, um den Wirkungsgrad der Anlage zu erhöhen, oder werden sich ggf. Konzepte mit geringeren Investitionskosten aber schlechterem Wirkungsgrad betriebswirtschaftlich besser im Markt der Zukunft behaupten? Auf Grund der Unschärfe der Antworten auf derartige Fragen, gilt es, ein auch unter den möglichen zukünftigen Veränderungen der Rahmenbedingungen technisch flexibles und wirtschaftlich robustes Verfahrenskonzept zu entwickeln.
Zu diesem Zweck wird zum Teil auch vom Prinzip der vollständig adiabaten Prozessführung abgewichen. Die Motivation dieses Vorgehens ist dabei, durch eine teiladiabate Verfahrensführung (d. h. durch die Zuheizung des Wärmespeichers mit Überschussstrom oder Erdgas) eine verbesserte Robustheit bei der Anpassung der Technik an die sich entwickelnden Strommarktbedingungen zu erreichen. Damit werden zunächst betriebswirtschaftlich attraktivere Varianten für einen früheren Markteintritt geschaffen und gleichzeitig der künftige Übergang zu vollständig adiabater Technik mit erhöhtem Speicherwirkungsgrad offen gehalten. Als zusätzliches Entwicklungsziel werden in den niedrigen zweistelligen MW-Bereich herunterskalierte ADELE-Technologien betrachtet, die z. B. für Industriekunden oder kleinere Stadtwerke für die Portfolio-Optimierung attraktiv sind.