
© FG Solar- und Anlagentechnik, Uni Kassel
Trocknung mit offenen Sorptionsprozessen
Im Projekt „Offene Absorptions-Speichersysteme zur Beheizung von
Wohngebäuden und für Lufttrocknungsanwendungen“, kurz OpenSorp,
beschäftigt sich eine Nachwuchsgruppe mit offenen Absorptionsprozessen,
bei denen Luft in einem Absorber an einer Flüssigkeit (Sorbens) entlang
strömt und durch Abgabe des Wasserdampfes (Luftfeuchte) getrocknet und
gleichzeitig erwärmt wird. Das vom Sorbens absorbierte Wasser wird in
einem Regenerator zeitversetzt z. B. mit Wärme aus einer thermischen
Solaranlage wieder aus dem Sorbens ausgetrieben. Das Sorbens dient als
Energiespeichermedium und kann in konzentrierter oder verdünnter Form
auch über lange Zeiträume gelagert werden.
Projektstatus | Kurz vor Fertigstellung |
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Speichereffekt | Sorption (Absorptionswärme); Lithiumchlorid (verschiedene weitere Sorbentien in der Untersuchung) |
Entwicklungsgegenstand | Untersuchung des Wärme- und Stoffübergangs im Absorber und Regenerator, Entwicklung und Untersuchung von Komponenten (Absorber, Regenerator, 2-Kammer Speicherbehälter) und Systemen im Labor und in einer Feldtestanlage, Untersuchung und Entwicklung geeigneter Sorbentien |
Temperaturtyp | Niedertemperatur |
Speicherung/Ladung | Thermo-chemischer Speicher mit Salzlösungen bzw. ionische Flüssigkeiten. Die Ladung erfolgt mit Niedertemperaturwärme durch Austreiben des absorbierten Wassers |
Speicherzeit | je nach Anwendung wenige Stunden bis saisonal |
Ladetemperatur | ab ca. 50°C |
Entladetemperatur | Temperaturhub von ca. 10K |
Projektlaufzeit | Oktober 2012 bis September 2017 |
Im Projekt „Offene Absorptions-Speichersysteme zur Beheizung von Wohngebäuden und für Lufttrocknungsanwendungen“, kurz OpenSorp, beschäftigt führt die Nachwuchsgruppe sowohl Labor- als auch Feldtestuntersuchungen durch und entwickelt Modelle für numerische Simulationen. In einem ersten Schritt wird zur Untersuchung und Weiterentwicklung von Absorber- und Regeneratorkomponenten eine wässrige Lithiumchlorid(LiCl)-Lösung als Sorbens unter Laborborbedingungen eingesetzt. Im Rahmen der Untersuchungen werden Messdaten und Bilanzen sowohl auf den Phasengrenzflächen an einzelnen Platten innerhalb der Komponenten als auch am Ein- und Austritt der Gesamtkomponenten (Absorber und Regenerator) erhoben und jeweils in Modellen abgebildet. Hierbei liegt ein Schwerpunkt auf der numerischen und experimentellen Untersuchung des Wärme- und Stoffübergangs an der Phasengrenze. Neben einem dreidimensionalen Finite-Differenzen-Modell wurde ein Effizienzmodell zur Beschreibung des Absorptions- und Regenerationsprozesses entwickelt, das in die Simulationsumgebung TRNSYS implementiert wurde.
Darüber hinaus werden Gesamtsysteme für verschiedene Anwendungen, zum Beispiel Lufttrocknungsanlagen und Kompressionskälteanlagen, untersucht. So werden in einer Feldtestanlage, die unter anderem zur Trocknung von Heuballen eingesetzt wird, experimentelle Systemuntersuchungen durchgeführt. Messwerte werden mit Ergebnissen aus Systemsimulationen verglichen. Neben der Simulation im Bereich von Trocknungsanwendungen sind auch Systemsimulationen im Bereich der Gebäudeheizung und Klimatisierung geplant. Die Untersuchungen erstrecken sich somit von relativ kleinskaligen Effekten mit der Berechnung von Gleichgewichtszuständen bis hin zu Jahressimulationen von Gesamtsystemen auf Grundlage von Kennlinienfeldern.
Des Weiteren werden neue Sorbentien entwickelt und hinsichtlich ihrer stofflichen Eigenschaften vermessen. Sowohl erprobte als auch neue Sorbentien sollen zudem auch unter praktischen Aspekten (Upscaling, Reinheit) untersucht werden sollen. Die Reaktionswärme und die Kinetik des betrachteten Absorptionsprozesses sowie die Stoffdaten ausgewählter Sorbentien werden gemessen.
Ziel des Forschungsprojektes ist es zu prüfen, ob Regenerationsprozesse dafür geeignet sind, Niedertemperaturwärme in thermo-chemischer Form über längere Perioden zu speichern. Zudem soll die Energie nach der Speicherung für Trocknungs-, Raumheizungs- oder Kühlzwecke durch einen Absorptionsprozess möglichst effizient zur Verfügung gestellt werden.
Das Forschungsprojekt kooperiert mit den Fachgebieten Solar- und Anlagentechnik und Chemische Hybridmaterialien an der Universität Kassel. Es baut auf Erfahrungen auf, die bereits im Rahmen des Klimaanpassungsprojektes „KLIMZUG-Nordhessen “ anhand landwirtschaftlicher Trocknungsanlagen gewonnen wurden. Das Forschungsprojekt ist breit und interdisziplinär angelegt.
In fünf Arbeitsschritten zum Erfolg
Arbeitspaket 1: Entwicklung einer Testumgebung zur Luft- und Wasserkonditionierung
Es wurde eine Luft- sowie eine Wasserkonditionierungsanlage zur Bereitstellung definierter Temperaturen, Volumenströme und Feuchten als Testumgebungen für Laborexperimente konzipiert und errichtet. Mit der Teststrecke ist es möglich, Absorber- und Regenerator-Komponenten verschiedener Größen sowie Sorptionsprozesse an einzelnen Platten mit Luftmassenströmen zwischen 100 und 2000 m³/h zu vermessen und instationäre Untersuchungen durchzuführen.
Projektstatus: Arbeitspaket 1
Als Voraussetzung für Laboruntersuchungen wurde zunächst eine bestehende Luftkonditionierungsanlage mit erweiterter Messtechnik ausgestattet, um schon im ersten Projektjahr Experimente an Absorberkomponenten und Systemen durchführen zu können. Bis Ende 2013 wurde eine neue Testumgebung geplant und errichtet, mit der die Eintrittsmedien der Experimente geeignet konditioniert werden können. Mit dieser Testumgebung können Absorber- und Regeneratorkomponenten mit vordefinierten Luftvolumenströmen, Luftkonditionen (Temperatur und –feuchte) sowie Sorbens- und Heizwassertemperaturen und – Leistungen beaufschlagt werden. Dies ist eine wichtige Voraussetzung zur systematischen Untersuchung der Komponenten und Systeme. Nach Einregelung der Anlage wurde sie Mitte 2014 in Betrieb genommen.
Arbeitspaket 2: Aufbau von Versuchsständen und Laborexperimente an Komponenten
Um ortsaufgelöste Modelle der Wärme- und Stoffübertragung in offenen Sorptionsanlagen entwickeln und validieren zu können, sollen die Temperaturen an der Phasengrenze zwischen der über ein Textil fließenden Sorptionslösung und einer Luftströmung mithilfe einer hochauflösenden Thermographiekamera vermessen werden. Zudem sollen geeignete Messverfahren zur Detektion von Tröpfchen der Sorbenslösung im Luftstrom (Strömungsmitriss, carry-over) identifiziert und erprobt werden. Die Komponenten Absorber und Regenerator sowie ein Zwei-Kammer-Sorbens-Speicherbehälter sollen für verschiedene Anwendungen konzipiert, errichtet und vermessen werden.
Projektstatus: Arbeitspaket 2
2013 wurde eine Thermographiekamera beschafft und ein Teststand für entsprechende Messungen errichtet und in Betrieb genommen. Dabei wurde der Luftstrom an einer 1 m² großen Einzelplatte an einem mit LiCl-Lösung überströmten Textil entlang geleitet. Um das Strömungsprofil der Luft im Spalt zwischen zwei Absorberplatten nachzubilden, wurde in einem Abstand von ca. 5 mm von der Grenzschicht eine dünne, IR-durchlässige Polyethylen-Folie (Transmissionsgrad ca. 80%) befestigt. Erste Testmessungen haben eine unzureichende Benetzung des Textils im Teststand gezeigt. Zudem wurde das Geschwindigkeitsfeld der Luftströmung im Spalt zwischen Textil und Folie mit einem Hitzdrahtanemometer vermessen. Erste verwertbare Messergebnisse des zwei-dimensionalen Temperaturfeldes an der Phasengrenze wurden daher erst Anfang 2015 erzielt.
In einem weiteren Teststand soll mithilfe von Korrosionstests untersucht werden, ob und unter welchen Bedingungen, insbesondere bei welchen Strömungsgeschwindigkeiten, Sorbenstropfen mit dem Luftstrom mitgerissen werden. In einem ersten Test haben sich die verwendeten Korrosionsprobekörper als ungeeignet erwiesen. Weitere Tests sind in der zweiten Projekthälfte geplant.
Im ersten Projektjahr wurden ein Absorber und ein Regenerator im Labormaßstab für zwei verschiedene Anwendungen konzipiert und gebaut. Sowohl Absorber als auch Regenerator lassen sich intern kühlen bzw. beheizen. Erstmals wurden Pulverbeschichtungen als Korrosionsschutz in diesen Komponenten eingesetzt. In Vorversuchen wurden verschiedene Lacke und Pulverbeschichtungen auf ihre Eignung hin geprüft. Eine der Komponenten wurde anschließend in die Feldtestanlage integriert. Die zweite Komponente ist für den Einsatz in Klimatisierungsanlagen zur Raumluftkonditionierung vorgesehen.
Arbeitspaket 3: Experimentelle Untersuchung der Systeme
Absorber und Regenerator sollen in der Labor-Testumgebung verschaltet und im Betrieb vermessen werden. Als Ersatz für die konventionell eingesetzte energieintensive Luftentfeuchtung mittels Taupunktunterschreitung soll der Sorptionsprozess in eine konventionelle Klimaanlage (Kompressionskältemaschine) integriert werden. Zudem soll eine Feldtestanlage zur Produkttrocknung weiterentwickelt und landwirtschaftliche sowie industrielle Trocknungsprozesse (an Heuballen und ggf an Malz) sollen vermessen werden.
Projektstatus: Arbeitspaket 3
Im zweiten Projektjahr wurde ein im Projekt neu entwickelter Regenerator in eine Feldtestanlage integriert. Die in der Anlage vorhandene Mess- und Regelungstechnik wurde zudem erneuert bzw. erweitert. Dieser ursprünglich für das letzte Projektjahr vorgesehene Arbeitsschritt konnte in die ersten beiden Projektjahre vorgezogen werden, da auf eine bereits bestehende Testanlage als Grundlage zurückgegriffen werden konnte. Verwertbare Messergebnisse der Anlage konnten im Frühjahr 2015 erzielt werden.
Des Weiteren wurden theoretische Voruntersuchungen zur Integration der Sorptionstrocknung in eine Kompressionskältemaschine durchgeführt. Anschließend wurde mit der Planung eines entsprechenden Versuchsstands begonnen.
Arbeitspaket 4: Numerische Modellierung
Zur numerischen Modellierung der Wärme- und Stoffübertragung im Absorber und Regenerator sollen ein bestehendes Finite-Differenzen-Modell sowie ein semi-empirisches Effizienzmodell erweitert und validiert werden. Zudem sollen auf Grundlage von Potentialerhebungen und Machbarkeitsuntersuchungen für den Einsatz von offenen Sorptionssystemen in verschiedenen Anwendungen Systemkonzepte entwickelt und Gesamtsystemsimulationen mit der Simulationsumgebung TRNSYS durchgeführt werden.
Projektstatus: Arbeitspaket 4:
Es wurden erste Potenzialanalysen für den Heiz- und Kühlbedarf sowie für Trocknungsanwendungen mithilfe von Sorptionsprozessen durchgeführt und Systemkonzepte für ein Niedrigenergiehaus, für das entsprechende Messwerte vorlagen, zur Gebäudeheizung entwickelt. Ferner wurde im ersten Projektjahr ein bestehendes Effektivitätsmodell zur Beschreibung der Sorptionsprozesse in die Simulationsumgebung TRNSYS eingebunden und Systemsimulationsrechnungen durchgeführt.
Die im zweiten und dritten Projektjahr erzielten experimentellen Ergebnisse von Systemzuständen (Temperaturen, Feuchten, Konzentrationen) im Absorber und Regenerator wurden mit Ergebnissen numerischer Berechnungen mit dem Finite-Differenzen-Modell verglichen. Die Weiterentwicklung eines Finite-Differenzen-Modells sowie Systemsimulationen, die die Anwendung der Sorptionstechnik in beispielhaften Gebäuden mit verschiedenen Szenarien quantitativ beschreibt, sollen bis Ende des 4. bzw. Ende des 5. Projektjahres fortgesetzt werden.
Arbeitspaket 5:
Die Reaktionswärme verschiedener Sorbentien bei Aufnahme bzw. Abgabe von Wasser soll in Kombination mit verschiedenen Additiven mittels Titrations- und Perfusionsmessungen ermittelt werden. Zur Untersuchung der Kinetik der betrachteten Absorptionsprozesse wird der Sättigungsdampfdruck über den wässrigen Sorptionsmedien verschiedener Konzentrationen bei definierter Temperatur vermessen und die Absorptionsgeschwindigkeit gravimetrisch bestimmt. Zudem werden verschiedene Stoffgrößen im relevanten Konzentrationsbereich vermessen und der Einfluss von Verunreinigungen untersucht.
Projektstatus: Arbeitspaket 5
Zur Entwicklung und Untersuchung neuer Sorbentien wird von der Arbeitsgruppe Chemische Hybridmaterialien unter anderem ein präzises Lösungskalorimeter eingesetzt, das sowohl einen Betrieb mittels Titrations- und Perfusionsmessung ermöglicht. Des Weiteren kann die Reduzierung des Dampfdrucks in Abhängigkeit von der Temperatur und der Konzentration in einer separaten Messstation bestimmt werden. Die neuen Elektrolyte, insbesondere Ionische Flüssigkeiten, werden dabei synthetisiert und aufgereinigt.